Endlager

Können wir uns vor uns selbst retten?

Neulich kam mal wieder das Thema Atommüll-Endlager auf den Tisch. Zugegeben, für jemanden, der schon in seiner Jugend, also vor 40 (plus „x“) Jahren „Atomkraft – Nein Danke“ auf Autos klebte, oder die Sicherungsanlangen der „Festung Wackersdorf“ bestaunte – ebenso wie die Frage des CO2-Ausstosses ja auch seit über 40 Jahren im Raume steht und nicht erst seit Greta -, hat sich die Geschichte emotional etwas abgenutzt. Und doch gibt es seit dem Ausstiegsbeschluss der deutschen Bundesregierung im Jahr 2011 und der Abschaltung des letzten deutschen Reaktors in 2023 zumindest insofern eine neue Qualität, als dass der Berg des nicht entsorgten hochaktiven Abfalls (ca. 17.000 Tonnen in Deutschland, plus „x“) nun wenigstens nicht mehr weiter wachsen wird.

Quelle: Zwischenlagerung von Atommüll sorgt für offene Fragen (aerzteblatt.de)

Deutschland sucht also immer noch ein Endlager, und das mindestens seit 1973. Laut Standortauswahlgesetz soll dieses für mindestens 1 Millionen Jahre geologisch stabil sein – dieser Zeitraum umfasst ca. zehn Eiszeiten und ist um ein vielfaches länger, als der moderne Mensch Homo sapiens überhaupt existiert – und die Halbwertszeit von Uran 235, einem Hauptbestandteil in den Brennstäben, beträgt schlappe 735 Millionen Jahre. Natürlich beruht diese Vorgabe auf Expertenmeinungen und wohlabgewogenen Fakten – für den Laien klingt das aber nach Realsatire (soll heissen: hätte man nur einen Bruchteil des jetzt aufgebotenen Gehirnschmalzes am Anfang dieser Geschichte investiert, hätten wir das Problem heute gar nicht). Ich hätte vorgeschlagen, ein Endlager nur für 1000 Jahre zu planen, denn bis dahin hätte sich die Menschheit wahrscheinlich entweder selbst ausgelöscht, oder technologisch so weit entwickelt, dass man für das Atommüll-Problem eine andere Lösung als „verbuddeln und verdrängen“ gefunden hätte (wobei die Lagerbehälter ja eh nur eine Lebensdauer von 500 Jahren haben werden). Das wäre auch insofern ehrlicher gewesen, als dass man einen Zeitraum von 1000 Jahren eher überblicken oder eben nicht überblicken kann, als einen Zeitraum von 1000 mal 1000 Jahren. Selbst bei „nur“ 1000 Jahren ist jede Vorhersage, sei sie politisch, technologisch, klimatisch oder auch geologisch, mit grössten Unsicherheiten behaftet – die aktuellen Klimamodelle können nicht einmal die nächsten Jahre vorhersagen, d.h. jedes neue Jahr kann das bisherige Wissen in Frage stellen.

Niemand hat bisher gefragt, ob ein Atommüll-Endlager auch atombombensicher sein muss…

Edmund Büntig

Nun, bis 2031 soll es soweit sein mit der Standortauswahl für das deutsche Endlager, frühestens ab Mitte der 2040er Jahre sollen die ersten Abfälle „für alle Zeiten“ dort eingelagert werden. Aus den massiven, ausdauernden Protesten der Vergangenheit, u.a. in Gorleben, meint man schlau geworden zu sein und hat sich einen neuen, aufwändigen Findungsprozess überlegt, mit verschiedenen Beteiligungsverfahren usw. Mein Gefühl ist, dass man nun die folgende Strategie versucht: Es werden mehrere Standorte verstreut über die Republik in die finale Auswahl genommen (anstatt sich, wie bisher, aus Kostengründen bereits lange vor einem formalen Entscheid auf einen Standort festzulegen, so wie es jetzt auch in der Schweiz wieder passiert). Auf diese Weise will man anscheinend sicherstellen, dass jeder einzelne Standort am Ende „mehrheitsfähig“ wird, weil die NIMBY’s aller anderen in Frage kommenden Regionen natürlich immer dafür sind. Funktionieren wird diese Instrumentalisierung des St. Florian-Prinzips m.M.n. aber nicht, denn die jeweils Betroffenen werden durch überhaupt kein Argument (und keine vorangegangenen jahrelangen „Beteiligungsprozesse“) davon zu überzeugen sein, dass ausgerechnet sie dann für alle anderen den Ar…h hinhalten sollen (der Betrieb des Lagers wird Jahrzehnte dauern, mit den ūblichen Risiken bei Transport und Verarbeitung hoch radioaktiven Materials). Es nimmt niemand freiwillig ein höheres Strahlenrisiko auf sich, nur weil irgendwelche Leute sich früher einmal mit Atomstrom dumm und dämlich verdient haben. Naja, die Betroffenen haben dann ja noch 15 Jahre Zeit, die Gegend zu verlassen oder altershalber auszusterben. Lösen kann man das Akzeptanzproblem am Ende wohl nur dadurch, dass man alle verbliebenen Atomkraft-Befürworter in die betroffene Region zwangsumsiedelt. Allzu dicht bewohnt dürfte die Gegend dann aber nicht mehr sein. Vielleicht gibt es auch noch bessere Ideen. Man könnte z.B. die Region „für immer“ kostenlos mit der Abwärme aus dem Endlager beheizen – also wenn das angesichts der nächsten zehn Eiszeiten kein Anreiz ist.. 😉

Das Atommüllthema, und natürlich erst recht das CO2-Problem, lässt mich, neben anderen Dingen, immer mal wieder an der langfristigen Überlebensfähigkeit der Menschheit zweifeln. Energiegewinnung durch Kernspaltung ist von Anfang bis Ende eine schwachsinnige Idee, zumindest auf dem bisherigen technologischen Niveau, und zeigt eigentlich nur, dass der Homo sapiens im Grunde sehr dämlich ist, wenn auch mitunter auf erschreckend intelligente Weise (gut, alle Kriegsgegner wissen das natürlich schon lange). Gleiches gilt für das fröhliche Verfeuern fossiler Brennstoffe, wobei dies immerhin eine längere Geschichte hat, die weit hinter die (relativ neue) Erkenntnis der globalen Folgen zurückreicht.

Tiere haben im Allgemeinen das Problem, dass sie nicht wissen können, ob sie gerade z.B. durch Überweidung ihre lokale Lebensgrundlage zerstören und sich selbst damit (zumindest auf der Ebene einer lokalen Population) dem Untergang weihen. Und wenn sie es wüssten, würde es ihnen auch nicht viel nützen, es sei denn sie würden entweder sofort weniger essen (und früher verhungern) oder die Geburtenrate senken (und dann vielleicht auch aussterben). Die Evolution wirkt aber bekanntlich nicht direkt auf Arten oder Populationen, sondern im Wesentlichen auf Gene (und damit zumindest phasenweise auf das Individuum, welches diese Gene mit sich herumschleppt und verbreitet). Und darum versucht stets jeder für sich (und bestenfalls seine nächste Verwandschaft) so gut wie möglich über die Runden zu kommen, mit mehr oder weniger grossem Erfolg. Auch wenn das in der Summe für alle ins Verderben führt.

Menschen, hoch soziale Wesen die sie sind, funktionieren genau so. Natürlich könnten Menschen, anders als die meisten Tiere, ihre Lebengrundlagen nachhaltig managen. Rein intellektuell wäre man dazu wohl in der Lage. Aber auch in der menschlichen Natur ist das Prinzip „Jeder ist sich selbst der Nächste“ evolutionär so tief verankert, dass dies durch keine kulturelle, politische oder religiöse Prägung oder Erziehung auf Dauer und in der Breite bisher ausgehebelt werden konnte. Selbst wenn es Kulturen gegeben haben sollte, die ein Stück weit auf diesem Weg gekommen wären, wurden diese wahrscheinlich irgendwann durch die weniger kultivierten „Ich, ich, ich“-Strategen aus anderen Gegenden wieder überrannt.

Es ist nicht geklärt, ob eine „kulturelle Evolution“ (oder anders gesagt die Entwicklung einer „Weisheit“, die genügend Respekt vor den Nachfahren hat) die Gesetze der biologischen Evolution auf lange Sicht übersteuern kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass die heutige Menschheit sich selbst ausrotten wird, scheint vor diesem Hintergrund gar nicht so klein zu sein. Vielleicht entsteht im Laufe der nächsten Jahrmillionen eine noch intelligentere Spezies, die diese Klippe der verantwortungslosen technologischen Infantilität überwindet (oder vermeidet…). Wenn es einst tatsächlich dazu käme würde das bedeuten, wir hätten die Gesetzte der Evolution – Stand heute – noch nicht annähernd verstanden. Aber auch das wäre ja durchaus möglich.

Oder vielleicht gab es diese Spezies auch schon, und wir haben es blos nicht mitbekommen? Was wiederum belegen würde, dass es nicht viel nützt, wahnsinnig intelligent oder gar weise zu sein, wenn man nicht zugleich auch der Stärkere ist…

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4 Gedanken zu “Endlager”

  1. Eigentlich wäre der Mond das ideale Endlager. Ohne „Ewigkeitskosten“ ist das vermutlich auch billiger, zumal mit der fortschreitenden Privatisierung und der Industrialisierung der Raumfahrt. Und auf dem Mond kann man sowieso nicht ohne Strahlenschutzanzug herumlaufen. Nachteil: Wenn das tatsächlich in Mode kommt, wird es den großflächigen Wiedereinstieg geben – und nach der ersten Havarie einer Transportrakete beim Start mit großflächiger Verseuchung des Aufschlag-Gebietes den nächsten Wiederaufstieg….

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  2. Vielleicht sollte man alle Entscheidungsträger in Sachen Atommüll mumifizieren, dann könnte man sie in ein paar 1000 Jahren wenigstens symbolisch vor Gericht stellen, falls die Dinge hässlich werden…

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    1. Die Schwachköpfe der Atom-Lobby werden von 33.333 Generationen verflucht werden. Seid ihr wirklich ganz sicher, dass es kein Leben nach dem Tod gibt, oder, in dem Fall, eine Hölle für solche Fälle wie Euch?

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  3. Und damit würde sich auch die Frage, ob ein möglicher Kontakt mit Außerirdischen sich für uns als vorteilhaft herausstellen würde, mit „Nein“ beantworten. Entweder die Ausserirdischen befinden sich auf einer ethisch so viel höheren Stufe, dass sie schon aus Gründen des Selbstschutzes jeden Kontakt mit uns vermeiden müssen. Oder sie sind uns ethisch ähnlich, so dass wir die allergrößte Angst vor ihnen haben sollten…

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