Die Merkel-Maschine

Herr Elling betritt das Besprechungszimmer im Kanzleramt. Er legt seinen Notizblock auf den Tisch und stellt das Diktiergerät daneben. Kurz darauf betritt Frau Dr. Merkel, Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, den Raum. Allein.

Elling: «Frau Dr. Merkel, ich bin Elling, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen!»

Merkel: «Aber gerne doch, Herr Elling. Wir haben Ihre Publikationen mit Interesse verfolgt. Ich muss sagen, Sie haben da schon eine etwas spezielle Theorie entwickelt…»

Elling: «Es überrascht mich, dass es sich bis zu Ihnen herumgesprochen hat?»

Merkel: «Ach wissen Sie, es gibt Dinge, die mich von Amts wegen zu interessieren haben…» (lächelt süffisant).

Elling: «Darf ich das Diktiergerät einschalten?»

Merkel: «Aber natürlich. Machen Sie ruhig, Herr Elling…»

Elling schaltet das Diktiergerät auf Aufnahme.

Elling: «Frau Dr. Merkel, ich möchte gleich mit der wichtigsten Frage anfangen: Gibt es hier einen roten Knopf?»

Merkel: «Sie kommen ja wirklich direkt zur Sache. Ja, also wenn es hier einen roten Knopf gäbe, würde ich es Ihnen sicher nicht verraten. Aber keine Sorge, hier geht alles mit rechten Dingen zu» (lächelt noch süffisanter und formt die Hände vor dem Bauch zu einer Raute).

Elling: «Frau Dr. Merkel, Sie haben als Regierungschefin einen sehr vollen Terminkalender, richtig?»

Merkel: «Das kann man so sehen.»

Elling: «Meine Recherchen haben ergeben, dass Sie pro Woche mindestens 200 Stunden arbeiten. Und das seit 14 Jahren. Dafür sehen Sie immer erstaunlich entspannt aus. Wie machen Sie das?»

Merkel: «Was Komplimente zu meinem Aussehen angeht, da müssen Sie mit meinen Visagisten sprechen. Er ist ein Meister seines Faches. Der Rest ist aber weniger geheimnisvoll, als Sie spekuliert haben. Im Wesentlichen ist es Disziplin.»

Elling: «Aber eine Woche hat nur 168 Stunden. Meine Analyse der offiziellen Sitzungsprotokolle sowie von Auszügen Ihres geleakten Terminkalenders…»

Merkel: «Hören Sie mal, Herr Elling. Sie dürfen wirklich nicht alles glauben, was auf Wikileaks behauptet wird. Der Terminkalender war natürlich ein fake! Schauen Sie, es gibt keine Zeitumkehrmaschine. Ich bin Physikerin, ich weiss wovon ich rede. Solche Dinge existieren nur in fantastischen Jugendbüchern.»

Elling: «Dann muss es eine andere Erklärung geben. Also, wie machen Sie das?»

Merkel: «Ich kann Ihnen nicht mehr sagen, als ich schon gesagt habe».

Pause.

Elling: «Wissen Sie eigentlich, dass ich von einer fremden Macht bezahlt werde?»

Merkel: «Selbstverständlich. Ich weiss alles, was ich wissen muss. Wissen Sie, dass ich einen roten Knopf habe?

Elling: «Jetzt ja. Und wissen Sie, dass die Geschichte von der Zeitumkehrmaschine nur ein Ablenkungsmanöver war, um ungestört die Wahrheit herausfinden zu können?»

Merkel (leicht angespannt): «Und, haben Sie die Wahrheit herausgefunden?»

Elling: «Wenn ich jetzt Ja sage, drücken Sie dann den roten Knopf?»

Merkel: «Also ehrlich, Herr Elling, was denken Sie von mir? Bitte, erzählen Sie mir Ihre neueste Theorie. Ich muss allerdings anmerken, dass ich nur noch ungefähr zehn Minuten Zeit habe.»

Elling: «Na gut. Nach Auswertung aller mir verfügbaren Informationen, offiziellen und inoffiziellen, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Sie eine Doppelgängerin haben müssen. Eine Zwillingsschwester? Nein, vielleicht doch eher einen Klon? Nur so lässt sich Ihr Arbeitspensum bewältigen. Das wäre doch die Erklärung…»

Merkel (sichtlich entspannt): «Herr Elling, das ist eine sehr interessante Vorstellung. Ja, das wäre eine Lösung. Ich gebe zu, dass ich in der Tat früher einmal mit dem Gedanken gespielt habe.»

Elling: «Aber dann nicht umgesetzt? Warum nicht?»

Merkel: «Nun, schauen Sie, Herr Elling, geheime Versuche in der DDR haben gezeigt, dass es nicht möglich ist, zwei geklonte Individuen so zu koordinieren, dass sie nach aussen immer zu 100 % konsistent auftreten.»

Elling: «Sie meinen den Staatsratsvorsitzenden Erich Honegger?»

Merkel: «Sie haben es erfasst, Herr Elling! Sehr gut. Unsere kleine Unterhaltung hier gewinnt gewisse interessante Züge»

Elling: «Das finde ich auch, Frau Dr. Merkel. Darf ich dann eine weitere Hypothese aufstellen?»

Merkel: « Nur zu!»

Elling: «Sie sind kein Mensch, sondern eine Maschine!»

Merkels rechte Hand wandert unauffällig unter die Tischplatte.

Elling: «Das ist die einzige Erklärung, die dann noch übrigbleibt. Oder halt, genau genommen müssen sie mehrere Maschinen sein, mindestens zwei. Wie oft werden die Speichereinheiten synchronisiert? Fortlaufend, in Echtzeit?»

Man hört ein leises Klickgeräusch.

4
0

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert